Mit der autobiographischen Lesung der Autorin, Aktivistin und Lehrerin Fereshta Ludin beteiligte sich das Projekt PROvention der Türkischen Gemeinde in Kooperation mit dem Landesdemokratiezentrum Schleswig-Holstein (LDZ-SH) an der Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus in Schleswig-Holstein (24.06.-1.7.2022, #GermanyIsForMany).
Frau Ludin stritt in den 1990er und 2000er Jahren um ihr Recht, als Lehrerin im Staatsdienst ein Kopftuch tragen zu dürfen und prägte damit maßgeblich die langjährige gesellschaftspolitische Debatte um das Kopftuch in Deutschland.
Nachdem die TGS-H ihre Türen geöffnet und ihr Vorsitzender Herr Dr. Cebel Küçükkaraca sowie Frau Pape vom LDZ-SH Begrüßungsworte gesprochen hatten, lag die volle Aufmerksamkeit bei Frau Ludin. Sie las besonders einprägsame Passagen aus ihrem Buch „Die Enthüllung der Fereshta Ludin – die mit dem Kopftuch“ vor und ergänzte diese mit autobiographischen und gesellschaftspolitischen Hintergrundinformationen.
Zunächst berichtete Frau Ludin, deren Mutter ebenfalls als Lehrerin und deren Vater als Ingenieur und Minister der afghanischen Regierung tätig war, über ihr Aufwachsen in Afghanistan, Saudi-Arabien und Deutschland. Während ihrer Schulzeit in Baden-Württemberg hatte sie immer wieder Stigmatisierung, Ausgrenzung und Rassismus erfahren müssen. Nachdem sie erfolgreich ein Lehramtsstudium abgeschlossen hatte, wurde sie aufgrund ihres Kopftuchs zunächst nicht zum Referendariat zugelassen, konnte sich aber schließlich durchsetzen, nur um nach Erlangen eines sehr guten Abschlusses erneut an eine Grenze zu stoßen: Die Zulassung zum Schuldienst an einer staatlichen Schule wurde ihr aufgrund von „mangelnder persönlicher Eignung“ untersagt. Frau Ludin entschied sich dazu, vor Gericht für ihr Recht auf freie Berufsausübung zu kämpfen. Von 1998 bis 2003 stritt sie vor mehreren richterlichen Instanzen für ihr Recht und scheiterte hierbei zunächst – erst Jahre später, 2015, wurde vom Bundesverfassungsgericht ein neues Urteil gefällt, welches ein generelles Verbot eines Kopftuchs an staatlichen Schulen untersagt. Dies sei mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit nicht vereinbar, so das Gericht.
„Es ist wichtig, dass Betroffene ihre Sicht darstellen können“, betonte sie, als sie nach ihrem Umgang mit öffentlichen Anfeindungen gefragt wurde. Sie wünsche sich mehr Wertschätzung von Diversität und ein größeres Bewusstsein und Sensibilisierung für Rassismus – besonders in Behörden.
Auch weiterhin wird die Türkische Gemeinde wertvolle persönliche Erfahrungen von Betroffenen in die Präventionsarbeit tragen und das Thema antimuslimischer Rassismus in den Fokus rücken. Aktuelle Maßnahmen sind ein regelmäßig stattfindender „Facharbeitskreis Antimuslimischer Rassismus“ und passende Fortbildungsformate für Lehrkräfte, Beamt*innen sowie Menschen, die ehrenamtlich oder beruflich im sozialen Bereich tätig sind.
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