Projekte

Kick-off

Kick-off

Prävention und Deradikali­sierung in Strafvollzug und Bewährungs­hilfe

„Kick-off“ ist ein seit Juli 2017 über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und eine Kofinanzierung des Justizministeriums Schleswig-Holstein gefördertes Modellprojekt der Prävention und Deradikalisierung im geschlossenen Vollzug und der Bewährungshilfe in Schleswig-Holstein. Kick-off wird von der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein (TGS-H) im Trägerverbund mit dem Kieler Antigewalt- und Sozialtraining (KAST) durchgeführt und deckt dadurch sowohl den Bereich Islamismus als auch der Bereich Rechtsextremismus ab. Das Projekt soll gefährdete Personen gegen extremistisches Gedankengut stärken, Bedienstete in ihrer Handlungssicherheit festigen sowie Distanzierungsprozesse bei radikalisierten Personen einleiten und begleiten. Ziel des Modellprojekts ist es, durch die Anwendung und stetige Reflexion und Anpassung innovativer Methoden neue Erkenntnisse und Ansätze für die Präventionsarbeit zu gewinnen sowie das weiterentwickelte Projekt in Regelstrukturen zu überführen.

Team

Kick-off verfügt über ein multidisziplinäres Team, bestehend aus Islamwissenschaftler*innen, Pädagog*innen, islamischen Theolog*innen und Politikwissenschaftler*innen. Zudem können die Mitarbeiter*innen als Team die Sprachen Arabisch, Kurdisch, Persisch, Englisch, Französisch und Spanisch abdecken.

Handlungskonzept

Kick-off arbeitet über mehrere Säulen und richtet sich damit jeweils an unterschiedliche Zielgruppen.

I

Die erste Säule des demokratiepädagogischen Unterrichts im Jugendvollzug dient der Prävention und ermöglicht eine frühzeitige Immunisierung gegen extremistisches Gedankengut. In dem partizipativ gestalteten Unterricht sollen die Jugendlichen über mehrere Monate hinweg Demokratie und verschiedene Formen von Teilhabe kennenlernen und erleben und durch die aktive Mitgestaltung in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt werden. Der Unterricht wird von dem Mitarbeiter*innen der TGS-H und KAST gemeinsam durchgeführt und ist phänomenunspezifisch gestaltet. Zu den Erfahrungen und Konzepten aus dem Unterricht wurde 2020 mit dem Projektpartner KAST e.V. eine Broschüre verfasst. Die Broschüre sowie die zugehörigen Arbeitsmaterialien finden Sie hier.

II

Die zweite Säule der Fortbildungen von Bediensteten im Kontext Justiz soll deren Handlungssicherheit festigen, indem ihre interkulturellen Kompetenzen gestärkt werden, ihnen Kenntnisse zu Ideologien und Radikalisierungsprozessen vermittelt werden und sie befähigt werden, entsprechende Anzeichen zu erkennen und durch ihr Handeln die Umkehrung von Radikalisierungsprozessen zu unterstützen. Es finden jeweils getrennte Fortbildungen für die Phänomenbereiche Islamismus (TGS-H) und Rechtsextremismus (KAST) statt. Im Phänomenbereich Islamismus werden die Fortbildungen gemeinsam mit PROvention, der Präventions- und Beratungsstelle gegen religiös begründeten Extremismus, durchgeführt.

III

Die Bediensteten sollen zudem über eine weitere Säule durch Fachberatung im Umgang mit mutmaßlich radikalisierten Einzelpersonen unterstützt werden. Neben einer ersten Einschätzung der mutmaßlich radikalisierten Person oder schwierigen Situationen steht der (professionelle) Beziehunsgsaufbau im Vordergrund und somit die Möglichkeit, Einfluss auf (De-)Radikalisierungsprozesse zu nehmen.

IV

Die vierte Säule bilden die Gruppenangebote in den verschiedenen Justizvollzugsanstalten und im Jugendstrafvollzug.

In den Gesprächsgruppen für Personen, die an Politik, Geschichte, Kultur und Religion des Nahen und Mittleren Ostens interessiert sind (im Bereich Rechtsextremismus tagespolitische Gesprächsgruppen durch KAST e.V.), sollen durch professionell angeleitete Diskussionen in diversen Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen und eventuellen Radikalisierungsgraden das kritische Denken angeregt und somit die Resilienz gegenüber einfachen Wahrheiten gestärkt und ggf. Radikalisierungsprozesse unterbrochen und Distanzierungsprozesse eingeleitet werden.

Die Kreativwerkstatt in der Jugendanstalt soll die Kreativität der jungen Inhaftierten fördern. Durch den Fokus auf kreative Tätigkeiten werden Denkprozesse angeregt und das Reden nebensächlicher. Gleichzeitig findet, fachlich angeleitet, eine Auseinandersetzung mit wichtigen gesellschaftlichen Themen statt. Diese soll eine höhere Toleranz und ein demokratisches Verständnis fördern. Durch den Charakter der Werkstatt, in dem jeder Jugendliche seine eigene Fähigkeiten einbringen und andere unterstützen kann, werden Ressourcen, Resilienz und Selbstwirksamkeit gestärkt.  

Gleichzeitig werden in der Jugendanstalt Filmabende angeboten, die als Einladung zur Begegnung mit Filmkunst verstanden werden können. Filme können insbesondere die Gefühle junger Menschen widerspiegeln und als Vermittler komplexer emotionaler Zustände fungieren. Gleichzeitig sorgt die Teilnahme für ein positives Gruppenerlebnis. Die Treffen bieten Abwechslung zum Gefängnisalltag und fördern einen respektvollen Austausch untereinander. Dabei werden Medienkompetenz, Filmbildung aber auch kulturelle Teilhabe und Kommunikation gefördert.

Zudem wird immer wieder versucht, neue Angebote zu schaffen und auf die Bedürfnisse der Inhaftierten einzugehen. So wurde u.a. ein zweitägiger Rap-Workshop in der Jugendanstalt organisiert.

V

Die fünfte Säule gilt der intensiven Einzelbetreuung bereits radikalisierter Personen durch eine systemische Herangehensweise. Hier sollen Distanzierungsprozesse eingeleitet und langfristig begleitet werden. Im Bereich Islamismus können hier im Rahmen einer systemischen Herangehensweise auch die theologischen Kenntnisse der Berater*innen genutzt werden, um die Dekonstruktion verfestigter theologischer Legitimationsmuster für das eigene Handeln bei den Klient*innen anzuregen.  Die Betreuung erfolgt auch über die Entlassung aus der Haft hinaus, um diesen oftmals kritischen Zeitpinkt zu begleiten und die Wiedereingliederung zu unterstützen.

Kontakt

Sie erreichen uns von Montag bis Freitag zwischen 10 und  17 Uhr unter folgender Telefonnummer: 04 31 – 12 81 13 82.
Gerne können Sie uns auch außerhalb unserer Sprechzeiten eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter hinterlassen. Wir rufen Sie dann zeitnah zurück. Oder schicken Sie uns eine E-Mail an kick-off@tgsh.de.

 

 

Kick-off wird gefördert durch: